madhurya kadambini

Angst

Frage

Ich arbeite im juristischen Bereich, wo es in Bezug auf Interpretation und Anwendung der Gesetze in der Praxis viele Unwägbarkeiten gibt. Bei den Fällen meiner Mandanten ergeben sich oftmals vieldeutige Fragestellungen und Begleitrisiken. Deshalb bin ich manchmal sehr besorgt, ob der Rat, den ich gegeben habe sorgfältig genug war, oder ob ich irgendwelche Probleme übersehen habe. Für mich persönlich ist diese Angst eine der beunruhigendsten und destruktivsten Emotionen, weil sie den Geist sehr verunsichert.

Antwort

Unser Geist sollte unser Diener sein, ein Instrument, das wir verwenden, so wie wir unsere Füße zum Gehen benutzen. Wir haben die Kontrolle über unsere Füße – sie fangen nicht willkürlich an, einfach umherzugehen. Der Geist aber ist absolut flüchtig. Es läuft hierhin und dorthin, macht sich Gedanken über dieses und jenes.

Jeder der materielle Besitztümer hat, befindet sich ständig in Angst. Jemand wird Präsident, dann muss er oder sie befürchten, die nächste Wahl zu verlieren. Im materiellen Leben ist Angst immer präsent. Wenn du Macht besitzt, dann hast du Angst sie zu verlieren. Meist besteht das Leiden in der Angst, das was du hast, in der Zukunft verlieren zu können. Allerdings existiert die Zukunft nicht jetzt, und sich darüber Sorgen zu machen, wird nichts daran ändern, was in der Zukunft passieren wird. Sich Sorgen zu machen wird auch nicht die Handlungen verändern, die du bereits in der Vergangenheit getan hast. Sich Sorgen zu machen beraubt dich nur der Möglichkeit, den gegenwärtigen Augenblick zu erleben, nämlich da, wo es Stille gibt. Seelisches Gleichgewicht kann erreicht werden, wenn du nicht denkst, dass du der Handelnde deiner Tätigkeiten bist. Am besten ist es, deine Pflicht zu erfüllen, deine Arbeit nach bestem Können zu verrichten, und dich dann zu ergeben, was immer als Ergebnis dabei herauskommt. Mach dir keine Sorgen darüber, ob du den Mandanten erfreust oder verärgerst, oder ob du gründlich genug warst. Vertraue darauf, dass du angesichts der Situation dein Bestes getan hast. Lass dich von der Harmonie, die du in der Natur beobachten kannst leiten. Schau auf die Sonne – glaubst du, sie macht sich jeden Tag Sorgen, ob sie ihre Strahlen auch genug verbreitet? Die Sonne bewegt sich einfach anmutig am Himmel und erfüllt ihre Aufgabe, in jedem Augenblick präsent zu bleiben, während sie auf uns herabscheint. Und wenn die Wolken kommen, tut die Sonne dennoch ihr Bestes, uns mit ihren Strahlen zu berühren, aber sie macht sich keine Sorgen an den Tagen, an denen sie uns nicht erreicht hat. Sie zeigt sich einfach, tut ihre Pflicht, und nimmt was kommt. Vertraue darauf, dass was auch immer als Ergebnis deines Weges kommt, das perfekte Ergebnis ist. Auch wenn du verklagt wirst, oder noch Schlimmeres, so bietet dieses Resultat dir die Möglichkeit, etwas über dich selbst zu lernen und geistig zu wachsen.

Praktische Übungen

Die obigen Ratschläge hast du möglicherweise bereits früher gehört. Und auch wenn sie für dich neu sein sollten, findest du sie wahrscheinlich leicht verständlich. Sie allerdings in die Tat umzusetzen, ist eine andere Geschichte. Und das ist, worum es in der Vedischen Psychologie geht. Je mehr du versuchst, den schwierigen Geist zu kontrollieren, desto härter wird er daran arbeiten, dich zu kontrollieren. In dem Maße wie du versuchen wirst, deine Sorgen zu ignorieren, und im gegenwärtigen Moment zu bleiben, werden deine Ängste und Zweifel an deiner Arbeit noch größer werden. Es ist wie mit einem zweijährigen Kind, wenn du nämlich beispielsweise versuchst, eine Regel durchzusetzen, dass es keine Süßigkeiten mehr bekommt. Das Kind wird lauter und lauter schreien und immer fordernder werden, und es wird nichts unversucht lassen, dich genügend zu stören, bis du ihm die Schokolade gibst. Bei echter Veränderung des Geistes tritt dieses Phänomen der Erstverschlimmerung häufig auf. Wenn du also dieses Muster in deinem Kopf erkennst, kannst du deine Buddhi oder Intelligenz nutzen, den unaufhörlichen Sorgen und Ängsten nicht nachzugeben, die der Geist mit immer größerem Tempo und Intensität serviert, um dich zu Fall zu bringen.

Unterstützend hierzu eine praktische Übung, die dir beim Umgang mit dem sich sorgenden, ängstlichen Geist nützlich sein kann:

Worst Case-Szenario

Schreibe auf ein Stück Papier deine größte Angst – die Angst, die dich ständig quält. Oft haben wir so viel Angst vor unseren schlimmsten Angst, dass wir sie gar nicht klar und tiefer anzuschauen wagen, weil wir das Gefühl haben, dass sie zu überwältigend ist, und dass wenn wir sie anschauen würden, sie sogar noch größer werden könnte. Also versuchen wir in der Regel, sie ganz zu vermeiden. Allerdings tritt durch genau diese Handlung, deine Angst zu umarmen, die Heilung ein. Wenn du deiner Angst direkt ins Auge siehst und dich die damit verbundenen Gefühle wirklich spüren lässt, kannst du deine Angst überwinden. Schreibe alle Details heraus, die in deinem Kopf um deine größten Sorgen und Ängste kreisen. Zum Beispiel: weil du nicht sorgfältig genug mit deiner Arbeit warst, sind dir einige große Fehler unterlaufen, du wirst verklagt werden, und deine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt einstellen müssen. Dann kannst du deine Familie nicht mehr unterstützen, du wirst sie im Stich lassen und dich in deiner Rolle als Ehemann und Vater wie ein Versager fühlen. Konzentriere dein Geschriebenes auf deine Gefühle auf diese Angst. Nicht deine Gedanken, den unaufhörlichen Handlungsstrang der durch deinen Kopf geht… nein, sondern nur auf deine unbearbeiteten Gefühle (z.B.: depressiv, ängstlich, erschrocken, inkompetent, unwürdig, wütend, frustriert, gereizt, etc). Schreibe auf, warum du diese Gefühle hast, und gehe ihnen so tief wie möglich auf den Grund: warum ist dieses Gefühl da? Woher kommt es?

Sobald du deine größte Angst aufgeschrieben hast, setze dich hin und betrachte ein Bild oder eine Arca-vigraha von Krishna. Schließe sodann die Augen, und nimm 3 tiefe Atemzüge in den Bauch hinein. Entspanne dich und öffne deine Augen. Lies das, was du über deine Ängste geschrieben hast, laut zu Sri Krishna vor. Lasse dich Seine Gegenwart fühlen, wie Er deine Ängste und Sorgen teilt. Lasse Ihn mit dir sein. Lasse deine überwältigenden Gefühle zu, in welcher Weise auch immer sie herauskommen wollen. Gib dir die Erlaubnis loszulassen, zu weinen und zu schluchzen, dich zu schütteln, oder was auch immer du tun musst, sie anzuerkennen, und lasse diese Gefühle aus deinem Geist und Körper entweichen. Wenn du damit fertig bist, lies den Brief zu Krishna ein zweites Mal laut vor, so langsam wie nur irgend möglich. Nach jedem Satz, schau von deinen Worten auf und halte kurz inne. Spüre, was da ist. Schaue, ob du Seine Energie bei dir fühlen kannst. Schau ob du spürst, was Seine Antwort an dich wäre? Welchen Rat würde Krishna dir geben? Was würde Er sagen, um dich zu trösten? Lass deinen Geist ruhig sein, und mach dir Notizen davon, was du von Krishna fühlst. Trage von nun an Seine Worte stets bei dir in deiner Tasche und schau sie jedes Mal an, wenn diese nervtötenden Sorgen und Ängste wiederkehren sollten. Jedes Mal, wenn du einen Blick auf diesen Zettel wirfst, wirst du einen neuen, positiven Eindruck in deinem Geist erschaffen, der nach und nach alle Sorgen und Ängste ersetzen wird.

 

Falls du eine persönliche Frage oder eine Frage zu einem Beziehungsproblem hast und möchtest, dass Babaji und Joshika diese unter„Vedische Psychologie“ beantworten, maile deine Frage einfach an joshika@jiva.org.


Dieser Artikel wurde von der Seite http://jiva.org übersetzt. Vielen Dank für die freundliche Genehmigung! Hier der Link zum Originalartikel: http://jiva.org/psychology/fear/

Schreibe einen Kommentar